Navand rieb sich belustigt die Hände und grinste hinterlistig. Der Geruch von Triumph lag in der Luft, dass konnte er gerade zu riechen. Einschüchtern war sein Spezialgebiet.
„Gut, ich bin bereit. Zeigen wir diesen Kerukerdrachen, oder wie auch immer die heißen, wo ihr Jagdgebiet endet und wo unseres beginnt!“
Würdig und fast feierlich flog er zu der Schnauze des Drachen vor ihm. Gemächlich verbeugte er sich, streckte ihm stolz seinen grünen Bauch entgegen und brüllte den schwerfälligen Gigant mit aller Kraft ins Gesicht. Er zog tausend grässliche Fratzen und Visagen und bemühte sich mit all seiner Fähigkeit den Gegner einen gehörigen Schrecken zu bescheren. Nach einigen Sekunden und nachdem jegliche Luft aus seinen Lugen aufgebraucht war wendete er sich zufrieden ab, verschränkte verzückt die Arme und schenkte dem Drachen keine weitere Aufmerksamkeit.
Ein Fehler, wie er feststellen musste, denn so einfach konnte man einen Kerukerdrachen nicht ängstigen. Obgleich sich der Dschinn reichlich Mühe gegeben hatte, schritt sein Gegner, als wäre nichts gewesen unbeirrt weiter und blinzelte den Dschinn mit seinen grell-gelben Augen an. Der Drache schien von Navands Schreck-Künsten unbeeindruckt und brüllte jetzt ihn an.
"Navand, hinter dir!"
Erfreut sah Ordoso dem Dschinn zu, der unerwartet den Blick nach hinten wendete. Ungläubig, dass der Drache noch nicht weggelaufen war, starrte er in das offne und vor allem ungewaschene Maul eines wütenden Kerukerdrachen. Jedoch war dies auch das Einzige, was Navand sah. Im selben Moment, als der Dschinn wieder seine Augen aufriss, erfasste ihn ein Orkan artiger Windstoss mit einzelnen Speichelfetzen. Ruckartig flog er in einem hohen Bogen zehn Meter weiter ins Gebüsch. Der Windstoß war der grässliche Atem des Drachen.
Da hatte sich der Dschinn wohl unterschätzt. Anstatt Navand aufzuhelfen hielt Ordoso inne und lachte laut Hals los.
„Navand. Ich glaube kaum, dass du denen einen Schrecken einjagen kannst!“ Gab ihm der Magier als Rat, der nun mit seiner Feuerpeitsche in der weiteren Umgebung die Bäume verkohlen lies. „Ich glaube sie verstehen nur das.“ Und der Magier holte ein weiteres mal aus um auf den Panzer eines Drachen einzuschlagen. Ein zischen hallte in der Luft und der Kerukerdrachen, dessen Pranke er verwundet hatte heulte auf und versuchte unverzüglich sich zu wehr zu setzten.
„Diese Drachen haben Mundgeruch!“ Navand stand sofort auf und machte sich trotzig auf dem Weg an Ordosos Seite. Wütend bereitete Navand seinen Konter vor. Er schwebte wieder an die Front und krempelte mit Tatendrang seine nicht vorhandenen Ärmel hoch. Konzentriert bildete er mit seinen Händen einen Feuerball und schlug ihn mit seinem Schwanz, der als Schläger diente direkt in das Auge des erst besten Drachen.
„Treffer!“ Rief Navand triumphierend und machte sich an den nächsten Feuerball, während die blaue Kugel neben Ordoso immer mehr an Leuchtkraft verlor.
In dem Wals herrschte nun ein durcheinander. Verzweifelt versuchten Äsrial, Schwarzauge und die beiden Magier die Drachen irgendwie zu verscheuchen, doch selbst mit feuer waren sich nicht kein zu bekommen. Hektick und die Hitze des Feuers nagte an den Gefährten.
In der Welt außerhalb dieser könnte man einen Kerukerdrache wohl mit einem ausgewachsenen Elefanten vergleichen. Nur mehr als doppelt zu breit und doppelt so groß, mit zwei Hörnern und einen grässlichen Atem. Jedes mal, wenn ein Fuß auf den Boden stampfte, gab es ein ohrenbetäubendes Geräusch und für kurze Zeit wurde unter ihnen die Erde durchgeschüttelt. Dass sie die Schritte nicht vorher gehört hatten konnte nur eines bedeuten: Sie hatten die Kerukerfamilie beim schlafen gestört, denn ihr Zuhause war direkt neben an und einen Drachen beim Schlafen zu stören kann tödlich enden.
Zoela hatte bisher nur von einem Kerukerdrachen gehört, doch selbst hatte sie nie ein Rudel gesehen.
„Ich habe mal mitbekommen, dass ihr Panzer das härteste Material ist, was in ganz Kurgania existiert. Es soll wohl sehr wertvoll sein, da ein Kerukerdrache schwer zu erledigen ist.“
„Gut zu wissen, dass wir gerade gegen ein Vermögen kämpfen, aber wir wissen immer noch nicht, wo man sie am besten verletzen kann. Ihr Panzer scheint keinen Kratzer zu bekommen“
Schwarzauge antwortete Zoela keuchend und versuchte währenddessen das Junge auszutricksen. Er schien dabei schon all seine Kraft zu gebrauchen und die Erschöpfung stand ihm ins Gesicht geschrieben. Er tänzelte mit seinem brennenden Stock vor den Augen des kleinen Giganten hin und her und versuchte unter Schweißaufwand das Tier irgendwie zu verunsichern oder zu verscheuchen. Doch der Kerukerdrache schien den Angriff von dem Zaratanen, der nur mühsam den riesenhaften Tatzen des Ungeheuers entwich für eine art Spiel zu halten.
Der Wald hatte sich abermals in ein Schlachtfeld verwandelt und das Feuer bahnte sich ungehindert seinen Weg. Langsam erlosch die blaue Kugel in der Mitte von Navand und Ordoso und auch Äsrial schlug blind auf den Panzer eines Drachen ein und versuchte irgendwie eine verwundbare Stelle zu finden. Aber es war ausweglos ihre Arme wurden immer schwerer. Vier gegen knapp Hundert schien Navand irgendwie unfair.
Sollte ihre Reise jetzt sein Ende finden? Sie hatten gerade mal die hälfte der Prophezeiung erraten und hatten noch nicht einmal einen Entschloss gefasst. Konnte es schon vorbei sein?
Da fiel Navand plötzlich auf, dass Miju und Mary fehlten. Es war kein Wunder, dass sich eine Wahrsagerin aus dem Staub machte, wenn es brenzlich wurde. Er würde sie schon irgendwann wieder zu Gesicht bekommen, da war er sich sicher. Jedoch schein Mary spurlos verschwunden zu sein.
„Hey, habt ihr Mary gesehen?“ Schrie Schwarzauge in dem Durcheinander und schien sich ernste Sorgen zu machen. Das Feuer nagte an ihm und auch Ordoso hatte sich ein paar Kratzer an der Hitze zugezogen. Schwarzauge blickte durch die Gegend, doch konnte seinen Freund nirgends ausmachen.
Wie auf ein Stichwort tauchte Mary plötzlich auf dem Rücken eines Kerukerdrachen auf. Er riskierte einen ritt auf dem Giganten und konnte sich wirklich auf seinem Rücken festhalten. Die Hörner dienten als Zügel und damit konnte er seinen Gegner mit Leichtigkeit in die Irre führen. Ein paar mal musste er sein Gleichgewicht wieder richten, doch dann hatte er den Drachen unter Kontrolle. Hektisch suchte das Ungeheuer nach dem Angreifer, konnte ihn aber nicht sehen. Schließlich gab sich der Drache geschlagen. Mary hatte die Verwundbare Stelle gefunden.
„Der Rücken, klettert auf den Rücken! Wir werden diese Monster reiten!“